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  • Christiane Oster

Und was wenn alle merken, dass ich nichts kann..." - Imposter-Syndrom

"Den Job hab ich aus Glück bekommen. Bei meinem Bewerbungsgespräch waren Personaler dabei, die mich ganz sympathisch fanden…”


“Ich war zufällig am richtigen Ort und es gab niemand anderen für die Position…”


“Mein Studium war nicht so schwer wie andere Studiengänge. Bei einem anderen Studiengang hätte ich nicht so gut abgeschlossen...”



Was all diese Aussagen gemeinsam haben: Du denkst deine Erfolge seien nur Glück oder Zufall. Du beziehst deine Erfolge NICHT auf dich, deine Leistungen und Fähigkeiten.


Für dieses Phänomen gibt es eine wissenschaftliche Bezeichnung: Das Imposter-Syndrom auch als Hochstapler Syndrom bekannt.


Häufig leiden vor allem sehr erfolgreiche Menschen darunter, die unter massiven Selbstzweifeln leiden im Hinblick auf die eigenen Fähigkeiten und Leistungen. Die eigenen Erfolge können nicht selbst verinnerlicht und anerkannt werden. Trotz offensichtlicher Beweise (z.B. erfolgreicher Studienabschluss oder eine gute Position im Unternehmen etc.) sind die Betroffenen überzeugt davon, den Erfolg nicht verdient zu haben. Glück oder Zufall sei für den Erfolg verantwortlich. Teilweise kann es so weit gehen, dass man sich selbst für einen Hochstapler hält und Angst hat, andere könnten das irgendwann bemerken.

Wenn du dich jetzt darin wiedergefunden hast, dann keine Sorge. Das Imposter Syndrom ist keine Krankheit und auch keine Persönlichkeitsstörung. Es ist ein psychologisches Phänomen, welches bei vielen Menschen beobachtet wurde und entwickelt sich über einen längeren Zeitraum im Unterbewusstsein. Letztendlich ist es ein Gefühl, welches mal stärker und mal schwächer auftritt.


Warum ist das Imposter-Syndrom kaum bekannt?

Weil wir uns immer noch schämen und Angst haben darüber zu sprechen. Es leiden 70% der Bevölkerung mindestens einmal im Leben an einer solchen Imposter Episode. 70% - das ist verdammt viel! Ich möchte dir heute sagen: Du bist nicht alleine! Es gibt Wege mit diesen Gefühlen umzugehen.


Wer ist besonders häufig vom Imposter-Syndrom betroffen?


  • Minderheiten Menschen die sich von der Mehrheit unterscheiden, haben besonders häufig das Gefühl nicht rechtmäßig zu sein, dort wo sie sind.

  • Ständig neue Herausforderungen Gerade Menschen die immer wieder neue Herausforderungen annehmen, haben mit Selbstzweifeln zu kämpfen. Sie gewöhnen sich an neue Aufgaben, entwickeln dann Routine und die nächste neue Aufgabe steht vor der Tür. Das eigentliche Problem: Die erreichten Erfolge bei der Aufgabe zuvor, beziehen sie nicht auf sich und ihre Fähigkeiten.

  • Universalisten Nicht selten haben Generalisten, Vielbegabte, Multitalente und Scanner-Persönlichkeiten das Gefühl ein Hochstapler zu sein. Die unbändige Neugier an einer Vielzahl von Themen und der Akzent auf Vielfalt statt Spezialisierung geht häufig damit einher, sich unverstanden und anders als die Anderen zu fühlen. Meist benötigen vielseitig begabte Menschen weniger Anstrengung, um Schule, Studium und Karriere zu bewältigen. Das vergrößert das Gefühl, sich “durchgemogelt” und den Erfolg eigentlich nicht verdient zu haben.

  • Pionierarbeit Unterrepräsentiert zu sein, verstärkt auch das Gefühl, nicht dazu zu gehören und kein Anrecht auf Erfolg zu haben.

  • Traditionen brechen Häufig leiden Studierende unter dem Imposter Syndrom, die aus einer Arbeiterklasse stammen. Häufig wurde die neue Umgebung, als ein Umfeld angesehen, welches gesellschaftlich wertvoller eingestuft wurde. Und zu diesem Umfeld fühlen sie sich nicht dazugehörig.


Was das Imposter-Syndrom letztendlich so gefährlich macht?


Es sind die Folgen die sich daraus entwickeln können: Perfektionismus oder Prokrastination!


Die Perfektionistin - “Übertreiben”

  • Ausprägung: Strengt sich enorm an, hat alle relevanten Informationen gelesen, betreibt extensive Recherche, geht Präsentationen 20 mal durch und checkt alles fünf mal. Im Job sind das häufig die Menschen, die als Erstes kommen und als letztes gehen.

  • Das Ziel: Durch obsessive Vorbereitung die Gefahr, entdeckt zu werden, mindern.

  • Die Logik: Durch Fleißarbeit und extremer Vorbereitung alles wegmachen, was sie an Fähigkeiten, Intelligenz und Kompetenz nicht zu haben glauben.

  • Gefahr: Überanstrengung, großer Leistungsdruck, viel zu viel Arbeit, eingeschränktes Privatleben, Arbeit nach Plan, kaum Kreativität.


Prokrastination - “Aufschieberitis”

  • Ausprägung: Schaffen Szenarien, in denen es gar nicht möglich ist, eine gute Leistung zu erbringen, geschweige denn eine perfekte. Wenn es doch gelingt war es “Glück”. Häufig wird spät mit den Projekten angefangen, die dann gar nicht mehr zu schaffen sind, zumindest nicht in guter Qualität.

  • Ziel: Durch Aufschieben die Verantwortung für das Ergebnis von sich weisen.

  • Logik: Wenn ich es nicht richtig versuche, kann ich auch nicht richtig scheitern.

  • Gefahr: Prokrastinierer bleiben meist unter ihren Fähigkeiten und schöpfen ihr Potenzial nicht aus.


Karriere und Imposter-Syndrom:

Gerade in Leistungssituationen kommen diese massiven Selbstzweifel häufig vor. Dazu gehört vor allem auch das berufliche Umfeld.


Die meisten geben sich mit niedrigeren Karrierestufen zufrieden. Planen ihre Karriere nicht oder entwickeln kaum beruflichen Ehrgeiz und bleiben somit unter ihren Möglichkeiten. Sie bewerben sich nicht auf bessere Positionen und fragen nicht nach Gehaltserhöhungen. Diese Mitarbeiter sind fleißig, bringen gute Leistungen und geben alles, um ihre Tarnung aufrecht zu erhalten. Auf den ersten Blick die perfekte Arbeitskraft. Langfristig führt es zu Depressionen oder anderen Folgen.


Geschätzt die Hälfte aller Führungskräfte kämpfen mit dem Imposter-Syndrom.


Warum ich diesen Artikel schreibe?

Ich möchte dir heute sagen: Du bist nicht alleine. Die Gedanken und Gefühle die du hast, teilst du mit ganz vielen erfolgreichen Menschen. Es gibt Wege mit den Imposter Episoden umzugehen und trotzdem dein volles Potential zu entfalten.


Der erste Schritt ist bereits getan. Ist die Gefahr erkannt, ist sie schon fast gebannt. Einfach nur zu wissen, nicht alleine damit zu sein, kann eine riesige Erleichterung sein. Im zweiten Schritt offen darüber zu sprechen, in einem geschützten Rahmen, kann enorm hilfreich sein.




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